Das ehemalige Lebensborn-Heim "Wienerwald" heute. Zerbrochene Fenster, marode Treppen und Balkone, ein verwildertes Gelände ... ©dsk



Geheimnisvolle Orte? Lebensborn-Heime heute
 

Lebensborn-Orte haben immer noch Anziehungskraft. Für Betroffene, für Angehörige, für Menschen aus der Nachbarschaft. Die geheimnisvolle Aura und der Mythos der „Zuchtanstalt“ wirken bis heute, obwohl seit Jahren nachgewiesen ist, dass in den Heimen keine „gelenkte Zeugung“ stattgefunden hat. Was nichts daran ändert, dass es dem Lebensborn um die Vergrößerung der „arischen Rasse“ ging!

Frage: Was gibt es an diesen Orten zu sehen? Falls sie noch existieren, falls sie zugänglich sind?

Beispiel Steinhöring in der Nähe von München. 1936 als „Heim Hochland“ am Dorfrand eröffnet – bis in die ersten Nachkriegsjahre hinein Wohnort für allein gelassene Lebensborn-Kinder. Heute gehört das Anwesen zum „Einrichtungsverbund Steinhöring“ und ist ein Ort, an dem Menschen mit Beeinträchtigungen leben und arbeiten. Ein schöner Gegensatz!
Im Garten steht eine riesige Mutter-und-Kind-Statue aus Stein, die der Nazi-Bildhauer Thorak geschaffen hat: eine sitzende Frau mit Gretchen-Frisur und langem Rock, die ein Kleinkind stillt. An eine Hauswand ist ein alter Torflügel aus Metall montiert, den SS-Runen „zieren“ – sie sind allerdings erst auf den zweiten Blick erkennbar. Und das Haus, das 1937/38, also zu Lebensborn-Zeiten, gebaut wurde, steht noch an Ort und Stelle … Betreten kann man es nur während einer Führung, die von der Ebersberger Historikerin Anna Bräsel hin und wieder angeboten wird.

Beispiel Pernitz in Niederösterreich. 1938 eröffnet, im März 1945 Richtung Steinhöring evakuiert. So lebendig das ehemalige bayerische Heim heute ist, so tot sind Gelände und Haus von „Heim Wienerwald“. Das Gebäude steht nach langer Nutzung durch die Gewerkschaft schon seit Jahren leer und mutiert mittlerweile zur Ruine: die Scheiben zerbrochen, die Wände voller Graffiti, die Räume marode und feucht. Und das Gelände, das einmal ein Park war, wird langsam aber sicher von Gebüsch und Wald überwuchert.
Ein ´lost place´, der wegen seiner Abgelegenheit für nächtliche Partys genauso herhalten musste wie für den Erinnerungsspuk österreichischer Neonazis. Mittlerweile versucht ein Wachdienst das Betretungsverbot der Gemeinde durchzusetzen. Im September bekam eine Gruppe von Lebensborn-Geborenen (zusammen mit österreichischen WissenschaftlerInnen, die über das Heim forschen) Zugang zum Gelände – und war schockiert. So marode hatten sie sich ihren Geburtsort nicht vorgestellt. Aber ein Vergleich ihrer alten Fotos mit dem Gebäude war noch möglich. Und dass der Gedenkstein für die beiden Ärzte, die das Haus erbaut haben und nach dem „Anschluss“ Österreichs von den Nationalsozialisten vertrieben wurden, auch noch da ist, war irgendwie tröstlich.

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