Immer am Strand entlang, bis es nicht mehr weitergeht ©pekuas
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Endlich wieder am Meer!
Warnemünder Vorsaison
 

Nur ein paar Tage, das reicht schon – bleibt eigentlich nur Warnemünde. Nicht gerade mein Sehnsuchtsort, aber mit dem Zug sind es nur zwei Stunden, von Berlin aus. Und vor Ort gibt’s alles, was man braucht: Supermarkt, Bäcker, Buchhandlung, Restaurants … Also auf zum Meer.

Als erstes marschiere ich zum grünen Leuchtturm vorn auf der Mole. Links der langgeschwungene Strand, der weit hinten in eine Steilküste übergeht, rechts das Fahrwasser und der rote Schwester-Leuchtturm - und geradeaus Dänemark. Leider nicht zu sehen, dabei sind es nur 45 Kilometer bis Gedser. Zum Ausgleich schicke ich meine Augen der Hybrid-Fähre mit dem runden Rotorsegel hinterher. Auf dem Rückweg halten mich die Inschriften auf, die viele Molensteine zieren. „Lieber Opa“ steht da. Und „R.I.P.“ – klar, das sind Erinnerungen an Menschen, die im Meer bestattet wurden. Trauer braucht doch einen Ort …

Und dann laufe ich den Strand entlang. Durch dicken Sand, durch nassen Sand, über angeschwemmte Steine, zuerst sind sie winzig, je näher ich der Steilküste komme, desto dicker werden sie. Die übliche Ostsee-Mischung aus Feuersteinen, Graniten, Kreide … Erdgeschichte zum Anfassen. Immer wieder hebe ich einen auf, vielleicht ein versteinerter Seeigel? Immer wieder Fehlanzeige – zur Strafe landet der Stein im tiefen Wasser. Irgendwann drehe ich mich um: Jetzt sieht der grüne Leuchtturm winzig aus, der alte Turm aus Backstein überragt ihn ein ganzes Stück. Klar, früher war mehr Reichweite nötig. Aber gegen das Neptun-Hotel hat auch er Spielzeugformat! 64 Meter ist der Riesenbau aus DDR-Zeiten hoch, lese ich später. 19 Etagen, 338 Zimmer, alle mit Meerblick. Klingt verlockend, aber dort übernachten, hm …

Dann habe ich die Steilküste erreicht. Soll ich wirklich weiter? Sooo hoch ist die Wand nicht, vielleicht zehn, fünfzehn Meter, schätze ich. An einer Stelle muss man dicht an ihr entlang, da könnte ich mich beeilen. Und aufgeweicht sieht die bloßliegende Erde auch nicht aus. Also los! An einer Stelle liegt, die Wurzeln in die Luft gereckt, eine abgestürzte Buche. Wer die auf den Kopf kriegte … Ein paar Meter weiter studiere ich die Erdschichten, Mergel, Lehm, Sand, manchmal ein dicker Stein. An der engsten Stelle – der Strand ist gerade mal drei Meter breit – mache ich Tempo. Und ausgerecht dort, wo der Strand wieder breiter wird, steht ein Warnschild: Lebensgefahr. Von hier führt eine Treppe nach oben … da entscheide ich mich für meine Sicherheit 😉  

Auf der Kliffkante laufe ich zurück, „selbstverständlich“ in gebührendem Abstand. Zwischen den Buchenstämmen hindurch leuchtet das Meer. Ab und zu gelingt ein Blick nach unten, auf den Strand, die Steine, die Wellen … Lange ist es rundherum still. Dann plötzlich Himmel und Menschen - ein Hotel mit Aussichtsterrasse, mitten im Naturschutzgebiet. Na prima. Ein paar Kilometer weiter beginnt die breite Strandpromenade, trotz Vorsaison dicht bevölkert. Okay, wer nicht gut laufen kann, ist hier gut aufgehoben. Allerdings versperrt eine kleine Dünenkette den Blick aufs Meer.

Spätestens am nächsten Abend bin ich mit meinen Mitmenschen versöhnt. Es gibt nämlich einen wunderbaren Sonnenuntergang – und der wird zelebriert. Auf der Molendüne sitzen Paare, ein Gläschen in der Hand. Am Ufer spazieren kleine Gruppen und bestaunen das Ereignis, schwarze Gestalten im Gegenlicht. Und während die Meeroberfläche sich in hellblaues Glas verwandelt, verabschiedet sich ein orangener Ball über der Steilküste. Die Stimmung ist feierlich, obwohl bestimmt alle schon x-mal einen Sonnenuntergang erlebt haben.

Klar, Warnemünde hat noch mehr zu bieten: Ein bisschen Bäderarchitektur, jede Menge alte Fischerhäuser, in denen auch schon mal Prominenz logiert hat – der norwegische Maler Edvard Munch zum Beispiel. Rechts und links vom alten Strom Flaniermeilen, mit Kuttern, Läden, Souvenirs, Fischbrötchen. Das Schönste ist und bleibt für mich – das Meer. Man müsste es mit nach Hause nehmen können!

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