Das Dorf Pouzolles im August ©dsk
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Einen ganzen Sommer lang
Drei Monate in Okzitanien
 

Auf den ersten Blick wirkt Pouzolles idyllisch: Alte Steinhäuser, enge steile Gassen, eine Kirche, ein Schloss. Drumherum eine weite Hügellandschaft, mit Platanenalleen, Weinfeldern, Olivenhainen, Wildwuchs mit Feigen- und Mandelbäumen. Und in der Ferne blaue Berge - der Südrand der Cevennen.
Auf den zweiten Blick ist klar: Das Dorf lebt. Der Bäcker backt herrliches Baguette, im Mini-Laden gibt’s das Nötigste, freitags ist Markt, im Bistro kann man einen Happen essen. Und einen „Tabac“, eine Post, eine Mairie, eine Schule gibt es auch. Schließlich leben hier Kinder, junge und alte Leute, ein paar Dauerresidenzler aus Europas Irgendwo. Außerdem Hunde, Katzen, Ziegen, Hühner – und ab und zu kräht ein Hahn. Währenddessen - wir haben Juli - knubbeln sich die Menschen am Mittelmeer, keine 30 Kilometer entfernt, stauen sich die Wohnmobile, ist es laut und voll. Und da, wo Instagram und Reiseführer Highlights posten, sieht es ähnlich aus.

Da halten wir uns erst einmal zurück und genießen das ruhige Landleben, bis zum Ende der Touristensaison. Sind viel zu Fuß unterwegs, von „zu Hause“ aus oder ein paar Kilometer weiter. Entdecken ein romanisches Kloster, wo wir die einzigen Besucher sind, wandern zu alten Taubentürmen, die einmal zur Landwirtschaft dazugehörten, fahren zum Canal du Midi - der ist voll, das Städtchen Capestang nicht. Auf dem Parkplatz vom Oppidum d´Ensérune, einst eine gallisch-griechisch-römische Stadt, heute ein Ausgrabungsort, stehen nicht mal 10 Autos – ach so, das Museum ist geschlossen. Dafür ist der Ausblick beeindruckend: Im Norden ein riesiges, kreisrundes Feld mit „Tortenstücken“, entstanden 13. Jahrhundert, als hier ein See trockengelegt wurde. Im Osten Béziers mit seiner mächtigen Burg - und Richtung Süden das Pyrenäenvorland.

Ende August beginnt die Weinernte. Plötzlich tauchen aus Schuppen und Hinterhöfen alte und weniger alte Trecker auf, rattern mit Erntemaschinen in die Felder – und machen Lärm und Gestank ohne Ende. Die meterhohen Vollernter sind nicht viel besser, wenn sie mit Karacho durchs Dorf düsen. Also düsen wir auch los. Nach Quéribus und Peyrepertuse, nicht weit vom Nordrand der Pyrenäen entfernt. Zwei Burgen hoch oben auf senkrechten Felsen, bei denen man kaum unterscheiden kann, was gewachsen, was gemauert ist. Hier fanden im späten Mittelalter Katharer Zuflucht, die sich gegen Pracht und Macht der Kirche zur Wehr setzten – und verfolgt wurden, bis auf den Scheiterhaufen. Zwei Tage sind wir in die Cevennen unterwegs, oben auf der Prärie, der trockenen Hochebene, und tief unten in den grandiosen Schluchten, durch die sich kleine Flüsse und schmale Straßen winden. Und dazwischen Serpentinen und Haarnadelkurven, senkrechte Felswände rechts oder links – zum Glück sind kaum noch Wohnmobile unterwegs.

Ganz zum Schluss geht’s ans Meer. An den Strand, ins Wasser, in die Hafenstädte. In Sète pulsiert ein normales Leben, in Agde – ansonsten eine Ansammlung grässlicher Touristenetablissements – glänzt ein schönes Frühherbstlicht. Der lange südfranzösische Sommer geht zu Ende. Wir kramen die Fleecejacken raus, den Kamin lassen wir kalt. Schließlich fahren wir ein paar Tage später nach Hause. Sonnensatt, ausgeruht, bereichert.

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